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Donnerstag, 11. Februar 2021

Digitalisierung braucht Zeit, die sie nicht hat

11.2.2021/ Die epidemische Lage hat an vielen Stellen den Finger in die Wunden der staatlichen Organisation gelegt - bis hinunter auf die kommunale Ebene. Obwohl seit Jahren abzusehen, bedurfte es eines Antrages der Fraktion Aufbruch! aus dem November 2018 ("Masterplan Digitalisierung"), um der Digitalisierung etwas mehr Schub zu verleihen. Wie übrigens fast alle Kommunen und andere Ebenen der staatlichen Verwaltung hinkt Sankt Augustin, um Jahre hinter dem Bedarf her. Kein Vorwurf ist der zuständigen Abteilung im Rathaus ("IuK") zu machen, denn die Dringlichkeit des Auf- und Ausbaues der Digitalisierung in Relation zu anderen Aufgaben ist einfach sowohl von der Verwaltungsspitze als auch von der Politik über Jahre hinweg nicht gesehen worden oder die Augen sind davor bewusst (?) verschlossen worden. Immerhin haben wir jetzt eine Fachkraft für die Medien-Entwicklungsplanung, die dem neuen Fachbereich „Schule und Bildungsplanung“ zugeordnet ist und die regelmäßig mit der Steuerungsgruppe „Medien-Entwicklungsplanung“ den Ausbau der Digitalisierung im Bildungsbereich berät und organisiert. Dass noch die grundlegenden Voraussetzungen - schnelle Internet-Anbindung, Internet-Versorgung jedes Klassenraumes - nicht überall geschaffen sind, macht schon sprachlos. Man mag es kaum glauben. Offengelegt wurde das Manko ausgerechnet durch die Corona-Epidemie, in der es äußerst hilfreich wäre, wenn die Voraussetzungen für digitalen Unterricht insgesamt schon längst geschaffen wären. Nach diesen Hardware- und Netzwerk-Grundlagen ist noch der schwierige Software-Teil zu lösen. Rein praktisch betrachtet darf es nicht so sein, dass für die Kommunikation zwischen Schule und Schüler, sobald das Thema Korrektur von Hausaufgaben aufkommt, immer noch ein Zwischenschritt in Papierform und zwei Scan- sowie zwei Up-und-Download-Schritte notwendig sind. (Laden einer Aufgabe aus dem Schul-Portal, Drucken, handschriftliches Ausfüllen, Scan erstellen, Upload zwecks Korrektur zum Lehrer-Arbeitsplatz , Drucken, handschriftliche Korrektur, Scannen, Upload zum Schüler-Arbeitsplatz). Ein für die Lehrenden und die Lernenden unzumutbar umständliches und zeitraubendes Verfahren. Leider wohl noch weitgehend und für einige Zeit die schulische Realität. Und hier beißt sich die Katze in den Schwanz. Denn um zu einem papierlosen Verfahren zu kommen, müssten alle Schüler und Lehrer mit digitalen Endgeräten (iPads / Tablets) und zusätzlich mit "Whiteboards" ausgestattet sein. Aber dazu fehlt uns das Geld. Also versorgen wir pro Schule pro Jahr immer nur einen Jahrgang mit digitalen Endgeräten. Bis alle Jahrgänge dann endlich versorgt sind, sind die zuerst ausgegebenen Geräte veraltet oder kaputt oder sie können die neueste Software nicht verarbeiten. Ein Aspekt, der bisher beim Thema Digitalisierung zu kurz gekommen ist, sei hier auch nur einmal genannt: Die digitale Arbeit / das digitale Klassenzimmer muss vor Hacker-Angriffen sicher sein, damit der Unterricht effektiv von statten gehen kann. - Zum Schluss, damit wir uns nicht missverstehen, eine wichtige Anmerkung: Die digitale Ausstattung der Schulen ist nicht das Allheilmittel; aber in Normal-Zeiten eine wichtige Hilfe und in Epidemie-Zeiten ein unverzichtbarer Ersatz für den Präsenz-Unterricht.

 

Dienstag, 12. Januar 2021

Bürger-Beteiligung, Bürgerinnen Mitwirkung

Bürger-Beteiligung

Eine systematische Betrachtung

Es geschieht in den Städten und Gemeinden immer häufiger, dass Bürger*innen gegen Verwaltungsakte oder Ratsentscheidungen aufbegehren und eine Änderung herbeiführen wollen. Oft genug werden sie enttäuscht, weil ihre Intervention nicht zum gewünschten Erfolg führt. Das liegt manchmal daran, dass sie den Hebel an der falschen Stelle angesetzt haben, den formal falschen Weg wählen oder einfach zu spät dran sind. Manchmal begehren sie auch gegen etwas auf, an dem weder Rat noch Verwaltung etwas ändern können, weil es schlicht und ergreifend nach Gesetzeslage so geschehen muss.

Das ist für die Bürger*innen äußerst schade und überhaupt unter dem Aspekt einer lebendigen lokalen Demokratie sehr unbefriedigend. Denn die Beteiligung der Bürger*innen ist eine sinnvolle und wünschenswerte Ergänzung für unser repräsentatives System der kommunalen Demokratie. Dass solches Mit-Tun auch eine Bereicherung für das Tun von Rat und Verwaltung darstellt, wird allein schon durch die an vielen Orten gemachte Erfahrung gestützt, dass Entscheidungen immer dann zu nachhaltigen Ergebnissen und größerer allgemeiner Zufriedenheit führen, wenn die Bürger*innen intensiv in den Entstehungsprozess einer Entscheidung eingebunden wurden.

Genau diese Mitwirkung zu fördern, hat sich der Aufbruch! von seiner "Geburtsstunde" an auf die Fahnen geschrieben - mehr noch: der Wille zur Ausübung der Mitbestimmung an einer entscheidend wichtigen Stelle im politischen Geschehen der Stadt (Vereitelung des "Cross-Border-Leasing Geschäftes") war der Zündfunke für die Entstehung des Aufbruch!

 Das "Cross-Border-Leasing-Geschäft" (Verkauf der Kanalisation und der Kläranlage der Stadt an amerikanische Investoren) wurde mit aktiver Unterstützung von mehr als 3.000 Bürger*innen verhindert. Allein das lehrt uns, dass es sich lohnt, sich mit den Mitwirkungsmöglichkeiten genauer zu befassen und sie dann gezielt nutzen zu können. Das wollen wir in den folgenden Kapiteln tun. Wir werden dabei sehen, dass es formalisierte und ganz informelle Beteiligungsmöglichkeiten gibt.

1. Bürger*innen-Beteiligung

Wir haben obigen Einführungs-Text mit der Unterscheidung in informelle und stark formalisierte Mitwirkungsmöglichkeiten beendet. Zusätzlich muss eigentlich auch unterschieden werden in schwach wirkende und stark wirkende Möglichkeiten. Wir befassen uns zunächst mit den informellen und gehen dort von den schwachen Instrumenten zu den stärker wirkenden; anschließend behandeln wir die formalisierten Instrumente der Mitwirkung.

Am wichtigsten für alle Mitwirkungsinstrumente ist das Gut-Informiert-Sein. Dafür bieten sich die Tageszeitungen, die kostenfreien Wochenblättchen, das Amtsblatt der Stadt (kann man abonnieren) an, aber auch ein Blick auf die Homepage der Stadt, wo man sich u.a. über die Tagesordnungen der Ausschüsse informieren kann; damit kann man herausfinden, ob man durch irgendetwas betroffen sein könnte, das zur Entscheidung ansteht. (Beispiel: Der Kanal in meiner Straße muss saniert werden. Inwieweit betrifft mich das, sei es verkehrlich oder/und finanziell?)

Im Übrigen gilt: Rat und Verwaltung haben gegenüber den Bürger*innen eine Informationspflicht (§ 23 Gemeindeordnung NRW), und zudem haben Bürger*innen ein individuelles Informationsrecht gemäß Informationsfreiheitsgesetz NRW (InfFrGes).

Wie geht man mit einer Sache um, die einen angeht und beschwert? Konkrete Information dazu gibt es bei der/dem zuständigen Mitarbeiter*in. Dafür muss man sich manchmal ein wenig durchfragen, beginnend mit einem Anruf bei der Telefonzentrale der Stadtverwaltung – alternativ: in einem der Fraktionsbüros nachfragen oder/und das zuständige Ratsmitglied ansprechen.

Man sollte auch schauen, ob man mit seinem Anliegen alleine ist oder ob auch andere Menschen betroffen sind. Das lässt sich mit einem Leserbrief austesten oder mit einem Aushang mit Abreiß-Streifen, um eine Kontaktmöglichkeit anzubieten. Mit Hilfe eines Flugblattes oder dem klassischen Klinkenputzen kann man Verbündete finden für eine Unterschriftensammlung, eine Demo vor dem Rathaus, eine vielköpfige Präsenz in Ausschuss- und Ratssitzungen.

Wichtig übrigens: Bis auf ganz wenige Tagesordnungspunkte sind alle Rats- und Ausschuss-Sitzungen öffentlich. Sitzungstermine und -orte findet man auf der Homepage der Stadt.

 2. Bürger*innen- Beteiligung

Im voraufgegangenen Kapitel habe ich darauf hingewiesen, dass die Basis aller Mitwirkung die gute Informiertheit ist, dass die Stadt zwar gegenüber den Einwohner*innen eine Informationspflicht (Einwohner*innen-Versammlungen) hat, dass man aber auch selbst etwas für das Informiert-Sein tun muss. Dazu können die Einwohnerfragestunden im Rat (§ 48 Gemeindeordnung NRW) und in den Ausschüssen (§ 14a der Geschäftsordnung des Rates à <https://www.sankt-augustin.de/imperia/md/content/cms123/buergerservice_verwaltung_politik/satzungen_und_richtlinien/gesch__ftsordnung_des_rates.pdf>) genutzt werden. Dieses Gut-Informiert-Sein ist auch die Voraussetzung dafür, dass die Bürger*innen überhaupt eine Chance haben, dann ihre Mitwirkung und ihre Interessenlagen zum Ausdruck und zur Geltung zu bringen, wenn noch keine wesentlichen oder gar unumstößlichen Weichenstellungen erfolgt sind.

Zur Gewinnung von Information kann – Achtung: jetzt wird es allmählich formaler – der Blick in den städtischen Haushaltsplan eine gute Quelle sein, solange er noch ein Entwurf  ist. Darin sind natürlich die „Produktbereiche“ von besonderem Interesse, die unmittelbaren Einfluss (finanziell oder anderweitig) auf die Bürger*innen bzw. ihre Brieftaschen haben. (Beispiele: Bau, Unterhaltung und Erneuerung der Straßen; Gebühren für Musikschule, Kulturveranstaltungen; Kita- und OGS-Gebühren; Flächennutzungsplan und Bebauungspläne.)

Auf der Grundlage der gewonnenen Informationen können passende Aktionsformen entwickelt werden. (Beispiele: allgemeine Fragen zum Haushalt oder Anregungen zu Änderungen des Haushaltes bzw. einzelner Punkte oder Einwendungen gegen den Entwurf der Haushaltssatzung oder Einwendungen gegen die vom Rat beschlossene Haushaltssatzung (§ 79 Gemeindeordnung NRW). Tatsächlich gibt es einen ganzen Strauß von Mitwirkungs-Möglichkeiten, auch wieder solche, die weniger formal geregelt sind und solche, die durch Gesetze strikt geregelt sind.

Hier sollen ein paar davon nur benannt werden. Erläutert werden sie in der nächsten Folge: 1) Planungszellen, 2) Runde Tische, 3) Perspektivenwerkstätten, 4) Zukunfts-konferenzen, 5) Bürgerhaushalt

3. Von Planungszellen bis Bürger-Haushalt

Bevor ich es über all den informellen Instrumenten der Mitwirkung ganz vergesse: Am 13. September 2020 hatten wir Kommunalwahl, wo Stadtrat und Bürgermeister neu gewählt wurden – für fünf Jahre übrigens. Ja, und gerade in Corona-Zeiten bietet es sich an, für sich selbst, aber auch für die gewählten Vertreter im Rat, Rückschau zu halten. Was haben meine gewählten Vertreter im Stadtrat in den letzten Jahren getan, und was hätten sie tun können? Und wofür habe ich selbst mich interessiert und wofür engagiert oder wofür interessieren und engagieren können? (Der Stadtrat hat übrigens den Bürgermeister als Vorsitzenden und 50 Ratsmitglieder, die sich wie folgt auf die politischen Farben verteilen: 20 CDU, 14 SPD, 10 GRÜNE, 2 FDP, 2 AUFBRUCH!, 1 Linke, 1 Volksabstimmung. Fraktionen mit eigenen Büros im Rathaus konnten gebildet werden von CDU, SPD, GRÜNEN, FDP und AUFBRUCH!; Linke und Volksabstimmung sind als fraktionslose Einzelabgeordnete im Rat.)

Jetzt aber zu den in diesem Kapitel zu besprechenden Instrumenten der Mitwirkung: Am konkretesten ist die Mitwirkung an der Erstellung des städtischen Haushaltes greifbar. Denn darin geht es um Zahlen und Aufgaben, das heißt einerseits um Einnahmen (“Erträge“ genannt) der Stadt aus Schlüsselzuweisungen und Fördermitteln des Landes sowie aus Steuern und Gebühren. Andererseits stehen die Zahlen für Ausgaben (“Aufwendungen“ genannt) für die Aufgaben, die die Stadt zu bewältigen hat. Über das, was an Aufgaben Vorrang genießen soll und in welchem Umfang und welcher Qualität etwas ausgeführt werden soll, können und sollen auch die Bürgerinnen und Bürger mitreden. “Bürgerhaushalt“ nennt man dann einen solchen Haushalt.

Erfunden und erstmalig durchgeführt wurde dieses Beteiligungsinstrument im Jahr 1989 in Porto Alegre (Brasilien) und wird seitdem dort mit großem Aufwand und Erfolg angewendet. Deutsches Kommunalrecht lässt zwar die umfassende brasilianische Form der Mitbestimmung über den Haushalt nicht zu, stattdessen aber die Möglichkeit, Fragen zu stellen und Anregungen zu geben. Manche Stadträte definieren auch einen eng umgrenzten Teilbereich des Haushaltes, über den die Bürgerschaft komplett selbst beraten und beschließen darf, und machen dann diesen Beschluss zum Bestandteil des Ratsbeschlusses über die Haushaltssatzung.

[Quelle für den letzten Absatz: https://de.wikipedia.org/wiki/B%C3%BCrgerhaushalt#Deutschland ]

Planungszellen, Bürgergutachten, Runden Tisch, Perspektivenwerkstatt und Zukunftskonferenz sind Themen der nächsten Kapitel.

 4. Bürger-Gutachten (Planungszelle)

Schon 2018 fand sich im Koalitionsvertrag CDU/CSU und SPD die Fragestellung, “ob und in welcher Form unsere bewährte parlamentarisch-repräsentative Demokratie durch weitere Elemente der Bürgerbeteiligung und direkter Demokratie ergänzt werden kann und soll.“ Ein solches Element kann z. B. in der Kommune die Form sein, die als Bürger-Gutachten oder auch als Planungszelle bezeichnet wird. Dazu müssen klare Festlegungen vorab getroffen werden:

·         wie die Teilnehmenden ausgewählt werden (repräsentativer Querschnitt oder Zufallsauswahl),

·         wie genau der Auftrag / die Fragestellung lautet,

·         wie mit dem Ergebnis verfahren werden soll.

Vorstellbar ist folgender Ablauf:

1) An der Planung eines Teilbereiches eines Stadtteils sollen die Einwohner intensiv beteiligt werden. Begonnen wird mit einer großen Runde, in der von Fachleuten eine Einführung in allgemein für die Problemstellung wichtige Gegebenheiten und in die fachlichen Rahmenbedingungen gegeben wird. Fragen zu diesen allgemeinen Aspekten und zum gesamten Ablauf werden von den Fachleuten beantwortet.

2) In großer Runde werden die zu bearbeitenden Teil-Aspekte der Planung festgelegt. Jeder Teil-Aspekt wird jeweils einem Gruppentisch zugeordnet, dessen Teilnehmer ausgelost werden. Jeder Gruppentisch bestimmt selbständig einen Moderator und einen Berichterstatter.

3) Es folgt eine erste moderierte Erarbeitungsphase. Nach einer vorher festgelegten Dauer der Erarbeitungsphase wechselt jede Gruppe mit ihrem Moderator an einen anderen Tisch und widmet sich dem Thema dieses Tisches. Jeder Tisch hat einen Berichterstatter, der die Arbeitsergebnisse der wechselnden Tischbesetzungen festhält, sie ordnet, verdichtet und zusammenzuführen versucht, um sie am Ende der großen Runde vorzustellen.

4) Gemeinsam wird in der großen Runde besprochen, ob alles Erarbeitete richtig erfasst worden ist und ob sich ein von allen oder zumindest einer überwältigenden Mehrheit getragenes Ergebnis formulieren lässt.

5) Ein auf so breiter Basis entstandenes Arbeitsergebnis kann dann den politischen Gremien als Bürger-Gutachten im Sinne eines Ratschlages – allerdings ohne rechtliche Bindewirkung - vorgelegt werden, damit es bei den Beratungen im zuständigen Fachausschuss des Rates berücksichtigt werden kann.

[verfasst in Anlehnung an <Fachforum Bürgerbeteiligung> beim Gemeindekongress 2014 des Städte- und Gemeindebundes NRW und an die Broschüre <Der Bürgerrat> des Vereins Mehr Demokratie e. V.]

5. Mitwirkung durch Perspektiven-Werkstatt

Infrastruktur-Projekte sind heute kaum noch erfolgversprechend zu Ende zu bringen ohne eine früh beginnende und intensive Beteiligung der Öffentlichkeit. Diese Meinung wird von Organisationen vertreten, die Bürger-Mitwirkung nach vorn bringen wollen, aber auch von erfahrenen Planern in Planungsgesellschaften und in Verwaltungen und natürlich von uns, dem Aufbruch!. Dennoch muss Mitwirkung auch von der gesamten Gesellschaft gelebt und immer wieder von den von Planungen Betroffenen eingefordert werden. Obwohl: Für einige Bereiche gibt es sogar gesetzliche Verpflichtungen, zur Mitwirkung einzuladen. Davon in einem späteren Kapitel mehr.

Allerdings ergeben sich konkrete Planungen aus einem langen perspektivischen Vorlauf, der Jahre vorher beginnt. So leiten sich in Sankt Augustin viele der aktuell laufenden Planungsprozesse aus dem “Stadtentwicklungskonzept 2025“ (STEK 2025) ab, das um die Jahrtausendwende begonnen, nach intensiver Beteiligung der Öffentlichkeit im Jahr 2003 beschlossen wurde und den Zeitraum bis 2025 abdeckt. Es macht eine Perspektive für die Entwicklung der Stadt auf, die in den nachfolgenden Jahren an einigen Stellen konkretisiert worden ist – Beispiele: Neu-Aufstellung des Flächennutzungsplanes, “Masterplan Urbane Mitte“, später übergeleitet in das “ISEK“ (Integriertes Stadt-Entwicklungskonzept Zentrum). 

Das Stadtentwicklungskonzept 2025 kann man guten Gewissens als eine Perspektiven-Werkstatt bezeichnen. Denn es wurde in einem für jedermann offenen Forum entwickelt, wofür zunächst sachliche Grundlagen von Fachleuten erarbeitet wurden. Diese wurden mit der Öffentlichkeit, den Vertretern der Politik und der Verwaltung diskutiert. Der Diskussionsprozess wurde von mehr oder weniger neutralen Moderatoren begleitet und strukturiert und schließlich zu einem Ergebnis verschriftlicht, eben dem STEK 2025. Da Stadtentwicklung aber ein dynamischer Prozess ist, ist das STEK auch nicht auf ewig festgeschrieben. Stattdessen muss es immer wieder angepackt, überprüft und fortgeschrieben werden. Und bei erkennbar großem Anpassungsbedarf muss die Perspektiven-Werkstatt nochmal ran.

6. Mitwirkung in der Zukunfts-Werkstatt 

Das Instrument Zukunftswerkstatt kann sich sowohl eine weiter gestreckte allgemeiner gefasste Perspektive vornehmen als auch ein räumlich eng umrissenes konkretes Problem versuchen einer Lösung zuzuführen. Im erstgenannten Fall könnte die Fragestellung lauten: Was soll aus unserer Stadt werden? Welche Funktionen soll sie in Zukunft abdecken? Soll sie wachsen oder eher räumlich schrumpfen? Im engeren Sinne verstanden kann die Zukunftswerkstatt sich einer bestimmten Problemstellung widmen. (Beispiel: Wie können wir die Attraktivität des ursprünglichen Kerns von Niederpleis als Wohnplatz, als Ort der Nahversorgung und als Standort wohnungsnaher Arbeitsstätten steigern? Und wie können wir die Verkehrserschließung so verbessern und die Verkehrsbelastung so verringern, dass immer mehr Menschen mit immer weniger eigenen Autos auskommen, so dass die Lärm- und Gas-Immissionen sinken und die Qualität der Luft sich verbessert?)

Wie funktioniert eine Zukunftswerkstatt? Klassischerweise werden entweder nach dem Zufallsprinzip Menschen aus der von der Planung betroffenen Gruppierung ausgewählt, die gleichberechtigt miteinander beraten. Oder man wählt die Vertreter verschiedener gesellschaftlich bedeutsamer Gruppen repräsentativ aus, so dass sich jeder gesellschaftliche Sektor in dieser Gruppe vertreten sehen kann. Heutzutage bietet sich allerdings – das haben wir aus den Corona-Zwängen gelernt – noch eine weitere interessante Arbeitsform an: eine moderierte digitale Ideenschmiede im virtuellen Raum. Die Digitalisierung hat schon gezeigt, dass man sich im digitalisierten Dialog bzw. im virtuellen Diskussionsraum meist knapper, prägnanter, manchmal frecher (im besten Sinne) und unter Umständen kreativer äußert, weil man sich nicht von den Blicken aller fixiert und seine Äußerungen taxiert fühlt.

Hier liegen noch Chancen für die Zukunft, die das Potenzial haben, das Mosern und die Unzufriedenheit über das, was “die da oben“ entscheiden, in positive Bahnen zu lenken.

7. Gute Information – erfolgreiche Bürger-Mitwirkung

In diesem Kapitel geht es um die formalisierten Mitwirkungsmöglichkeiten. Der erste Schritt dazu ist auch hier, gut unterrichtet zu sein. Gut, dass die Stadt verpflichtet ist, ihre Einwohner*innen “über die allgemein bedeutsamen Angelegenheiten der Gemeinde“ zu unterrichten (§ 23 Gemeindeordnung NRW = GemO NRW). “Bei wichtigen Planungen und Vorhaben der Gemeinde, die unmittelbar raum- oder entwicklungsbedeutsam sind oder das wirtschaftliche, soziale oder kulturelle Wohl ihrer Einwohner nachhaltig berühren, sollen die Einwohner möglichst frühzeitig über die Grundlagen sowie Ziele, Zwecke und Auswirkungen unterrichtet werden.“ Dazu nutzt die Stadt Pressemitteilungen, u.U. Anzeigen, Einwohnerversammlungen und ihr Amtsblatt; dieses kann in E-Mail-Form abonniert werden. Bei Bauleitplan-Verfahren (Flächennutzungsplan, Bebauungspläne) ist die Unterrichtung der Öffentlichkeit und die Möglichkeit, zu raumwirksamen Plänen der Stadt eine Stellungnahme abzugeben, gesetzlich sehr formalisiert vorgeschrieben (à Baugesetzbuch). Aber die Einwohner*innen müssen gar nicht warten, bis die Stadt eine Gelegenheit zur Einwirkung bietet; sie können auch selbst die Initiative ergreifen. Das geht mit Hilfe des § 24 der GemO NRW, der besagt, dass sich jeder mit Anregungen und Beschwerden an den Bürgermeister wenden kann. Ein etwas schärferesaber auch viel aufwändigeres „Schwert“ ist der Einwohner-Antrag gemäß § 25 GemO NRW. Mit diesem Instrument kann der Rat gezwungen werden, über ein von von den Einwohner*innen formuliertes Thema zu beraten. Das kostet allerdings einige Mühe, weil das formulierte Anliegen viele Unterstützungsunterschriften benötigt, und zwar 5 % der Einwohner*innen, maximal 4.000, die mindestens 14 Jahre alt sein müssen. Aber auch wenn der Rat einmal einen „unfassbaren“ Beschluss gefasst hat, sind die Bürger*innen diesem nicht wehrlos ausgeliefert. Denn in einem solchen Fall kann die Bürgerschaft den § 26 GemO NRW zücken (Bürgerbegehren und Bürgerentscheid). Damit kann ein schon gefasster Beschluss wieder rückgängig gemacht werden (siehe „Nein zu Cross-Border-Leasing“). – Zum Schluss: Was nicht verschwiegen werden darf, ist die Tatsache zu nennen, dass über manche Dinge weder der Rat noch die Bürger*innen / Einwohner*innen eine Entscheidung treffen dürfen. Das sind die “Aufgaben zur Erfüllung nach Weisung“ (Beispiel: Straßenverkehrsordnung). Die Weisung ist das Gesetz, und zur Erfüllung der Aufgaben berufen ist die Verwaltung. Da kann der Stadtrat keine Anweisungen erteilen, sondern nur Anregungen geben und freundliche Bitten äußern. Gegen eine von der Verwaltung auf Grundlage eines Gesetzes getroffene Entscheidung / Anordnung kann nur noch der Rechtsweg (Verwaltungsgericht) in Anspruch genommen werden.

Autor: Wolfgang Köhler, Aufbruch! Sankt Augustin - Freie Wähler

 

Donnerstag, 22. März 2018

Saubere Stadt durch "Plogging"?

In jedem Frühling wird rundum zum Frühjahrsputz aufgerufen, und manche folgen sogar dem Aufruf und sammeln all den Unrat, der übers Jahr einfach in die Gegend geworfen worden ist: Coffee-to-go-Becher, Plastiktüten, Bonbon-Einwickelpapierchen, Getränke-Dosen und -Flaschen, machmal ganze Fahrräder oder auch nur einzelne Autoreifen.
Der Frühjahrsputz hat stets nur homöopathische und punktuelle Wirkung und hält nicht lange vor, weil jeden Tag von sorglosen Zeitgenossen nachgelegt wird.
     Wie wäre es denn da, wenn all diejenigen, die die Abfälle dorthin entsorgen, wohin sie gehören, wenn diese achtsamen Menschen es auch noch auf sich nähmen, immer wieder ein wenig von dem Unrat anderer aufzulesen und zu entsorgen.
Warum man das tun sollte? Ganz einfach: Anstatt sich über den hässlichen Anblick zu ärgern, schafft man einen schöneren Anblick und erfreut sich daran.
     Machen wirs wie die Schweden, die daraus einen neuen Sport gemacht haben. "Plogging" heißt der neue Trendsport, dessen Name halb Schwedisch ist ("plocka" = pflücken) und Englisch ("jogging"); will sagen, beim Joggen etwas (Abfall) aufsammeln.
Außer der Sauberkeit haben die schwedischen Erfinder dieses Sports gleichzeitig die körperliche Ertüchtigung im Sinn. Gehen / walken / joggen - stehen bleiben - sich bücken oder in die Knie gehen - weiter gehen / walken / joggen. Das ist Sauberkeit-Schaffen inklusive Körperertüchtigung durch Knie- oder Rumpfbeugen. 
Ich mache das schon lange und schon lange bevor uns die Kunde aus Schweden erreichte. Mach' doch mit. Zuerst geniert man sich ja vielleicht ein bisschen. Aber man gewöhnt sich schnell daran, immer ein kleines Plastiktütchen dabei zu habenund etwas vom Wegesrand hinein zu stecken.
(Wolfgang Köhler)

Donnerstag, 24. November 2016

Kastrationspflicht für Katzen - eine Hängepartie

Was andere Gemeinden in NRW können, sollten wir doch auch können, sollte man meinen. Nicht ohne weiteres, heißt die Antwort auf diese Mutmaßung. Denn in Sankt Augustin nimmt die Verwaltung und nehmen Teile der Politik die aus Juristensicht dazu verfassten Stellungnahmen mehr als ernst.
Laut Gesetz bzw. Verordnung dazu bzw. laut deren Auslegung müsse eine abstrakte Gefahr nachgewiesen werden, die zwingend erforderlich mache, Katzen zu kastrieren. Aber sowieso sei eine Kastrationspflicht von der Stadt nicht durchsetzbar und nicht kontrollierbar. 
Kastrationspflicht durch Satzung oder ordnungsbehördliche Verordnung sei nichts weiter als ein Papiertiger. Genauso gut könne man einfach einen Aufruf publizieren.

Wenigstens wurde in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses der Stadt am 23.11.2016, die für dieses Thema zuständig ist, der Antrag des Aufbruch! auf Einführung einer Kastrationspflicht für Katzen mit Freigang nicht gleich ganz abgeschmettert. Stattdessen hat die Verwaltung jetzt aufgetragen bekommen, dass sie bei den einschlägigen Vereinen und Verbänden um eine Beurteilung der Sache nachsuchen soll.

W. Köhler

Donnerstag, 11. August 2016

Einführung der Kastrationspflicht für alle Katzen in Sankt Augustin

Am Welt-Katzentag wurde es wieder zum Thema gemacht: Es gibt in Deutschland viel zu viele Katzen, und es werden laufen mehr. Denn Katzen haben eine hohe Vermehrungsrate. Man könnte ja nun sagen "Na und? Wird sich schon alles selbst regulieren. Hat die Natur früher doch auch hingekriegt, als die Katzen noch nicht zu Begleitern und Haustieren der Menschen geworden waren." Also warum soll der Mensch durch Kastration von Katze und Kater in die Fortpflanzung steuernd eingreifen?
Der offensichtlichste Grund ist, je mehr Katzen desto mehr geht es den Vögeln an den Kragen bzw. das Gefieder. Und neben dem Wert an sich, den wir Vögeln beimessen können - Stichwort 'Artenvielfalt' - , tun Vögel eine ganze Menge für das natürliche Gleichgewicht, für Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Obstbau - Stichwort 'Dezimierung der Insekten' - und sind für viele Menschen durch ihren Gesang oder einfach ihren Anblick ein Quell der Freude.
Ein weiterer Grund spricht für die Kastration und damit die Eindämmung der Zahl der Katzen (geschätzt übrigens in Deutschland eine zweistellige Millionenzahl): Katzen sind mittlerweile für ihre Gesundheit und ihr Wohlergehen auf den Menschen angewiesen. Ohne menschliche Fürsorge werden Katzen schlecht oder mangelernährt, werden anfällig für Infektionskrankheiten und für Parasitenbefall. Vielen Katzen geht es schlecht, weil sie ohne Anbindung an Menschen "wild" leben. Viele verdanken dieses Schicksal der Tatsache, dass sie "ihren" Menschen lästig oder zu teuer geworden sind und deshalb schnöde vor die Tür gesetzt oder an der Raststätte ausgesetzt werden.
Der Kontakt wild lebender Katzen mit zu einem Haushalt gehörenden "Freigänger-Katzen" birgt die Gefahr, dass Parasiten und Infektionskrankheiten ins Haus gelangen. Dann geht es auch den Hauskatzen nicht mehr gut, und sie müssen zum Tierarzt. Vielleicht haben sie aber auch draußen ein amouröses Abenteuer, und schon gibt's wieder mehr Katzen.
Fazit: Die Zahl der Katzen kann nur unter Kontrolle gehalten werden, wenn die überwiegende Zahl der Katzen - man könnte auch sagen, alle, die nicht zur Zucht dienen - kastriert wird. Dazu gehört dann die Registrierung und die Speicherung der Daten auf einem eingepflanzten Chip.
Wie geht das? Die Stadt legt die Pflicht zu Registrierung, Chippen und Kastration in einer Satzung fest (Ortsrecht). Es gibt schon eine erkleckliche Zahl von Kommunen, die eine solche Satzung in Kraft gesetzt haben.
Wir wollen das jetzt in Sankt Augustin realisieren. Der Antrag dazu ist eingereicht. Hoffentlich bekommt er eine Mehrheit im Rat. (Das sage ich als erklärter Katzenfreund.)

W. Köhler

Donnerstag, 28. Juli 2016

Gute Nachricht für Sankt Augustiner Jugendliche: Jugendzentrum kann umgebaut werden.

Das Land NRW hat Fördermittel für den Umbau des Jugendzentrums fest zugesagt. Damit kann noch in 2016 die Planung begonnen werden.
Zwar liegt noch kein Bewilligungsbescheid vor, aber die Zusage über den Betrag von 4,393 Millionen Euro wurde vom Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr im Juli per Pressemitteilung verlautbart, wie Stadtsprecherin Eva Stocksiefen mitteilt. “Die Entwurfsplanung geht von sieben Millionen Euro Baukosten, inklusive Planungskosten, Außenanlagen aus.“ (Stocksiefen)
Das integrierte Handlungskonzept (IHK) für das Sankt Augustiner Zentrum (aus 2015), die Grundlage für die Beantragung von Fördermitteln aus dem Stadterneuerungsprogramm des Landes, liefert die Zielvorstellungen für den Ausbau des Zentrums zu einer echt urbanen Mitte.

Die angekündigten Mittel decken zunächst “nur“ einen wesentlichen Teil der Baukosten des Jugendzentrums und die Planungskosten für das Integrierte Stadterneuerungskonzept ab. Zu hoffen ist, dass es weitere Mittelzusagen geben wird, im besten Fall der gesamte Grundförderantrag bewilligt wird. Mit diesen Mitteln könnte dann die Sanierung des Rhein-Sieg-Gymnasiums und die Gestaltung der Plätze und Wegeverbindungen im Zentrum angegangen werden.
W. Köhler

Mittwoch, 1. Juni 2016

NSDAP-Göbbels und AfD-Höcke im Vergleich

Das Magazin <Monitor> hat sich die Mühe gemacht, Björn Höckes Aussagen in einer Rede mit den korrespondierenden Teilen einer Rede von Göbbels zu vergleichen. Die entsprechenden Teile wurden hintereinander geschnitten / montiert. Ich habe eine Transkription angefertigt. Hier ist sie. Der Wortlaut unterscheidet sich, die thematische Gliederung allerdings sehr ähnlich und der Inhalt sowieso. - Wolfgang Köhler

Björn Höcke Dr. Josef Göbbels


Ich sehe Alte und Junge, ich sehe Männer und Frauen …
Ich sehe ein Volk, das eine Zukunft haben will. Wir sind das Volk.
Die Jugend ist hier vertreten und das Greisenalter. Kein Stand, kein Beruf und kein Lebensjahr blieb bei der Einladung unberücksichtigt.
Was hier vor mir sitzt, ist ein Ausschnitt aus dem ganzen deutschen Volk, an der Front und in der Heimat.
Stimmt das? (Tosender Applaus)
... der Syrer, der zu uns kommt, der hat noch sein Syrien, der Afghane, der zu uns kommt, der hat noch sein Afghanistan, und der Senegalese, der zu uns kommt, der hat noch seinen Senegal.
Wenn wir unser Deutschland verloren haben, dann haben wir keine Heimat mehr.
Hier ist eine Bedrohung des Reiches und des europäischen Kontinents gegeben, die alle bisherigen Gefahren des Abendlandes weit in den Schatten stellt.
Oh, wie haben die Medien darüber hergezogen, wie bin ich mit Dreck beschmissen worden! Man verschweigt, man verfälscht und man brandmarkt.
(Rufe „Lügenpresse“)
Es wird auch der bolschewistischen Presse nicht gelingen, die Dinge ins Gegenteil umzulügen.
(Tosender Applaus)
Kaum einer traut sich noch, seine Meinung frei zu äußern. So weit ist es also schon in Europa gekommen, dass man eine Gefahr nicht mehr eine Gefahr nennen darf.
Bürger, Deutsche, dreitausend Jahre Europa! Tausend Jahre Deutschland! Ich gebe euch nicht her. Das Abendland ist in Gefahr. (…) Das deutsche Volk jedenfalls und seine Führung sind nicht gewillt, sich dieser Gefahr auch nur versuchsweise preiszugeben.