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Donnerstag, 12. September 2013

Gedanken zum Nachtragshaushalt des Kreises / Kauf von Rhenag-Aktien durch den Kreis

Allgemeines:
  1. Die Notwendigkeit zur Aufstellung des Nachtragshaushaltes wird ausgelöst durch den geplanten Aktienkauf und die damit verbundene Kreditaufnahme.
  2. Der Kreis muss betreffend Nachtragshaushalt das Benehmen der Kommunen herstellen.
  3. Formal steht also nur der Nachtragshaushalt zur Debatte – in der Sache (inhaltlich) geht es aber um den Aktienkauf, weil dieser der auslösende Faktor ist.
  4. Es empfiehlt sich, die Diskussion in einen formalen und einen inhaltlichen Teil zu trennen.

Formale Betrachtung:
  • Das Verfahren zur Herstellung des Benehmens ist sechs Wochen vor Aufstellung des Entwurfes der Nachtragshaushaltssatzung vom Landrat einzuleiten (§55, 1 KrO NRW). Erfolgt am 13.08. ==> Kreistag am 17.10.2013 = 7 Wochen // Fazit: formal korrekt
  • Gemäß gängiger Auslegung des § 43 GemO NRW ist die Herstellung des Benehmens zum Haushalt des Kreises ein Geschäft der laufenden Verwaltung, über das der BM den Rat nur zu informieren hat. Info erfolgt am 09.09.2013 // Fazit: formal korrekt, aber nicht von Respekt ggü. dem Rat geprägt (dazu siehe unten).
  • Wenn der BM den Rat damit nicht befasst, weil nicht das Aktiengeschäft, sondern nur der Nachtragshaushalt zur Benehmensherstellung anstehen, handelt er formal korrekt.
  • Der Kommentar von Rehn, Cronauge, von Lennep & Knirsch macht zum “unbestimmten Rechtsbegriff“ des <Geschäft der laufenden Verwaltung> deutlich, dass dieser die Fiktion beinhaltet, dass bestimmte Geschäfte – so auch dieses - als vom allzuständigen Rat an den BM abgetreten gelten und dass im Umkehrschluss darin ein Rückholrecht des Rates impliziert ist.
  • Unter Berücksichtigung der durch das hinter dem Nachtragshaushalt stehende Geschäft verursachten Langzeitwirkung auf den städtischen Haushalt und aus Respekt vor dem Rat hätte der BM den Rat frühzeitiger unterrichten und ihn befragen können, ob der Rat die Benehmensherstellung an sich ziehen möchte, und hätte dem Rat die Gelegenheit geben können, selbst die Initiative zu ergreifen, von seinem Rückholrecht Gebrauch zu machen.

Inhaltliche Betrachtung (haushalts- und finanztechnisch):
  • De facto geht es nur mittelbar um den Nachtragshaushalt, unmittelbar jedoch um das Aktiengeschäft.
  • Aktiengeschäfte sind nie frei von Risiko. Insofern geht der Kreis ein Risiko ein, das Auswirkungen auf die Haushalte der Kommunen hat.
  • Potenziell belastet der Kreis auf Sicht auch solche Kommunen, die sich in der Haushaltssicherung befinden und denen der Kreis bei deren Haushaltsaufstellung keinen Spielraum bezüglich neuer Ausgaben / Belastungen gestattet. (Hier macht sich der eigentlich Gärtner sein sollende zum Bock.)
  • Es stellt sich die Frage, ob die obere Kommunalaufsicht dem Kreis nicht tatsächlich diesen potenziell negativen Eingriff in die Haushalte insbesondere von Haushaltssicherungskommunen verbieten kann oder sogar muss.

Inhaltliche Betrachtung (wirtschaftlich und energiestrategisch):
  • Ein nur auf Kreditbasis durchführbarer Kauf von Aktien hat spekulativen Charakter und muss für die öffentliche Hand tabu sein.
  • Die vorliegenden Informationen über die Rhenag zeigen, dass selbst die Gewinnerwartung der Rhenag für die kommenden Jahre fast 30 % unter der vom Kreiskämmerer seinem Konzept zugrunde liegenden Größe liegt.
  • Der weit überwiegende Teil der Unternehmensgewinne der Rhenag wird aus dem Bereich Gasnetz und Gasverkauf generiert.
  • Wenn es der Stadt Sankt Augustin gelingen sollte, das Gasnetz in Sankt Augustin in städtische Hand zu überführen, würde das Potenzial der Rhenag, aus dem Gasnetz Gewinne zu erzielen, reduziert. Somit wäre das Bestreben der Stadt, das Gasnetz zu erwerben, gegen die Interessen des Rhein-Sieg-Kreises als Rhenag-Anteilseigner gerichtet.
  • Nach vollzogenem Aktienkauf hätte die Stadt Sankt Augustin dann ein Mitglied der 'kommunalen Familie' als Gegner quasi mit am Verhandlungstisch sitzen; die Gasnetz-Übernahme durch die Stadt würde u. a. Auch dadurch erschwert, dass der Kreis zur Verteidigung der durch Unternehmensgewinne abzusenkenden Kreisumlage sich zum Advokaten der kreisangehörigen Kommunen gerieren könnte , ja sozusagen müsste.
  • Fazit: Nach erfolgtem Aktienkauf durch den Kreis wäre der Weg zu Sankt Augustiner Stadtwerken de facto blockiert.
Wolfgang Köhler

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